Immer mal wieder – Vollendung oder Versuch der Steuerhinterziehung?  

Die Anwendung der steuerlichen Normen im Rahmen des Steuerstrafrechts ist nicht immer einfach. Bei einer strafgerichtlichen Verurteilung müssen jedoch dem Urteil die hierzu notwendigen Feststellungen zu entnehmen sein, auch hinsichtlich der Frage, ob eine Steuerhinterziehung vollendet oder lediglich versucht wurde. Dies wird in einem möglichen nachfolgenden Revisionsverfahren dann auch überprüft, weil der Entscheidung ansonsten die Grundlage fehlt. Mit einem Beschluss vom 8. Juni 2017 (Az. 1 StR 217/17) musste der Bundesgerichtshof in einem Fall von Umsatzsteuerhinterziehung nun abermals ein Urteil aufheben, weil die zuständige Strafkammer eines Landgerichtes zwar die Daten der Steuererklärungen und die Höhe der in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungs- und Voranmeldungszeiträumen zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerbeträge feststellte. Es ließ sich, mangels weiterer Angaben zu den steuerlichen Erklärungen, jedoch nicht nachprüfen, ob die unrichtigen Steueranmeldungen zu einer Steuervergütung (§ 168 S. 2 AO) oder zu einer Zahllast (§ 168 S. 1 AO) der beteiligten Unternehmen geführt hatten. Vor diesem Hintergrund boten die landgerichtlichen Feststellungen keine ausreichende Grundlage für die erfolgte Verurteilung wegen einer vollendeten Steuerhinterziehung. Vielmehr war es hiernach auch möglich, dass lediglich eine versuchte Steuerstraftat vorlag. Der entscheidende erste Strafsenat des BGH ließ die Feststellungen der Strafkammer zu den nicht vorhandenen Warenbewegungen und Abdeckrechnungen, welche die wesentliche Grundlage des Tatvorwurfes waren, sowie zur subjektiven Tatsache des Angeklagten bestehen und zur Höhe der zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerbeträge, allerdings bestehen.

André Neumann, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)