Deadfreight für leere Züge aus Italien? Coronavirus und Transportmengenverträge

Der Kampf gegen den Coronavirus lähmt die Italienische Wirtschaft. Transportunternehmen bekommen das als Erste zu spüren. Die Container bleiben stehen und die Züge leer. Bahnspediteure fragen, ob das höhere Gewalt sei. Und was sie machen sollen, wenn sie in ihren Transportverträgen mit den Bahnen Mindestmengen versprochen haben, die sie jetzt nicht mehr liefern können.  Bahnunternehmen fragen, ob sie auch während der Krise Deadfreight abrechnen dürfen.

Rechtlich kommt es in erster Linie darauf an, wie die Mengenvereinbarung zwischen dem Spediteur und der von ihm beauftragten Bahn ausgestaltet ist. Man muss erst sehen, ob die Mengenvereinbarung wirksam ist, dann, ob der Vertrag eine Klausel zur Höheren Gewalt enthält, die auch auf unseren Virusfall passt. Fehlt eine Regelung  zur höheren Gewalt, geht es nach den allgemeinen gesetzlichen Regeln, besonders nach der Regel: kein Schadensersatz ohne Verschulden. Andere, schärfere Haftungsmaßstäbe gelten aber ausnahmsweise, wenn der Spediteur zugunsten der Bahn das Auslastungsrisiko übernommen hat. Bei einer Auslastungs- oder Mindestabnahmegarantie gibt der Auftraggeber zu verstehen, dass er dem Transportunternehmer den Laderaum abkauft und er den Zugstellplatz auch dann bezahlt, wenn er keine Güter aufgibt. 

In einem solchen Fall der Übernahme von Auslastungsrisiken wird der Bahnspediteur sich auch unter dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit (§ 275 BGB)  oder eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) nicht von seinen Mengenpflichten befreien können. Denn in den seltensten Fällen ist seine Pflicht zur Beschaffung von Ladung bzw. der Vergütung von Laderaum daran gekoppelt, dass er selbst von seinen Kunden genügend Ladung erhält. So kommt es in der Frage der Unmöglichkeit gerade nicht darauf an, ob die Bestandskunden des Spediteurs noch Ladung bringen. Solange noch Nachfrage nach Transportkapazität besteht und Güter zum Transport an die Bahn übergeben werden können, bleibt die Erfüllung der Mengenpflicht objektiv möglich.

Dr. Christoph Wege, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht