Vertragsnichtigkeit wegen staatlicher Beihilfen kann nur durch Wettbewerber begehrt werden

Dies folgt aus zwei aktuellen Beschlüssen des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main (Az. 4 U 207/17), denen ein gleichlautendes Urteil des Landgerichts vorausging. Gegenstand der Entscheidung war folgender Sachverhalt:

Eine Gemeinde hatte dem Deutschen Fußballbund e.V. (DFB) das Nutzungsrecht an einem Grundstück im Wege eines Erbbaurechts eingeräumt und hierfür einen bestimmten Erbbauzins verlangt. Auf dem Grundstück befand sich zu diesem Zeitpunkt eine Pferderennbahn. Der Betreiber der Rennbahn war seinerseits an einer Fortsetzung seines Nutzungsverhältnisses interessiert, wurde aber von der Gemeinde auf Räumung in Anspruch genommen.

In dem nun entschiedenen Rechtsstreit macht der Kläger geltend, das zwischen dem DFB und der Gemeinde vereinbarte Entgelt für das Erbbaurecht (Erbbauzins) liege weit unterhalb des marktüblichen Werts, was die Gemeinde auch nicht bestreite. Aus diesem Grund beinhalte der Erbbaurechtsvertrag eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV, und verstoße gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV. Deshalb sei der zwischen der Gemeinde und dem deutschen Fußballbund geschlossene Erbbauvertrag insgesamt nichtig.

Das Oberlandesgericht hat in seiner Entscheidung – der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof folgend – zunächst festgestellt, dass die Folge eines Verstoßes gegen das beihilfenrechtliche Durchführungsverbot in der Regel die Nichtigkeit gemäß § 134 BGB ist. Jedoch könne sich der Kläger hierauf nicht berufen. Es reiche nämlich für das notwendige Feststellungsinteresse nicht aus, dass der Kläger ebenfalls – wie der DFB - ein wirtschaftliches Interesse an der Nutzung des Grundstücks habe und damit in Konkurrenz zu dem deutschen Fußballbund um das Grundstück stehe. Vielmehr sei erforderlich, dass die von dem Kläger angebotenen Leistungen in Konkurrenz zu den vom DFB angebotenen Leistungen stünden. Er müsste also als Anbieter mit dem DFB auf demselben sachlichen Markt konkurrieren. Da dies nicht der Fall sei, sei die Klage unzulässig.

Gleichfalls unzulässig sei die Klage, soweit sie sich auf einen Verstoß der Gemeinde gegen § 109 der hessischen Gemeindeordnung stütze. Nach dieser Vorschrift darf die Gemeinde Vermögensgegenstände, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht braucht, veräußern; jedoch in der Regel nur zu ihrem vollen Wert. Nach Abs. 2 gilt dies sinngemäß auch für die Überlassung der Nutzung eines Vermögensgegenstandes. Auch von einem möglichen Verstoß gegen diese Vorschrift sei der Kläger nicht direkt betroffen, da er nicht Wettbewerber des deutschen Fußballbundes sei.

Praxishinweis: Die Entscheidung zeigt, dass in Zeiten von Grundstücksknappheit zunehmend mit Konkurrentenklagen zu rechnen ist.  Auch die Vorschriften des EU-Beihilfenrechts – die bei Vermögensverfügungen der öffentlichen Hand gegenüber privaten Unternehmen stets zu berücksichtigen sind – werden offenbar vermehrt von Konkurrenten ins Feld geführt. Aus Sicht der öffentlichen Grundstückseigentümer ist deshalb in jedem Fall eine beihilfenrechtliche Prüfung jedes Grundstücksgeschäfts anzuraten. Dabei können die bekannten Absicherungs- und Rechtfertigungsmechanismen zur Anwendung kommen.

Nicht Gegenstand der Entscheidung waren vergaberechtliche Fragestellungen, die ebenfalls bei der Veräußerung von Grundstücken problematisch sein können.

Aus Sicht von an den Grundstücken interessierten Unternehmen muss für eine erfolgreiche Klage eine echte Konkurrenzsituation bestehen. Diese dürfte aber z.B. im Bereich von Grundstücken für den Wohnungsbau in der Regel vorliegen.

Valentin Klumb B. A., Rechtsanwalt und Bachelor of Arts in Public Management & Governance